Unternehmensverschuldung in Europa

Die Unternehmensverschuldung in Europa ist zu einem kritischen Problem geworden, da der wirtschaftliche Druck die Insolvenzraten in die Höhe treibt.

Angesichts der wachsenden Herausforderungen für Unternehmen durch Inflation, Lieferkettenunterbrechungen und steigende Zinsen ist das Verständnis des Zusammenspiels dieser Faktoren der Schlüssel zur Bewältigung der unsicheren Zukunft.

Pandemiebedingte Schulden: Langfristige Auswirkungen

Die Unternehmensverschuldung stieg während der Pandemie sprunghaft an, da die Unternehmen versuchten, ihre Schulden durch staatliche Kredite und günstige Kreditkonditionen zu entlasten. Das Ende der pandemiebedingten Unterstützungsmaßnahmen und die schwierigeren wirtschaftlichen Umstände führten jedoch zu einer raschen Trendwende. Da die Unternehmen in einem schwierigeren Finanzumfeld versuchen, ihre Schulden abzubauen, nehmen die Insolvenzen in alarmierendem Tempo zu.

Der Anstieg der Insolvenzanträge in ganz Europa spiegelt diesen anhaltenden Druck wider. In wichtigen Märkten wie Deutschland, Italien und Frankreich werden die Unternehmensinsolvenzen Ende 2024 voraussichtlich deutlich über dem Niveau vor der Pandemie liegen. Der Insolvenzindex der EU zeichnet ein klares Bild von Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, sich an den Entzug finanzieller Unterstützung und die gestiegenen Kosten auf breiter Front anzupassen.

Steigende Kosten und angespannte Rentabilität

Ein Hauptgrund für den Anstieg der Unternehmensinsolvenzen ist die Kombination aus gestiegenen Inputkosten, die durch instabile Lieferketten und steigende Energiepreise verursacht werden, und einer schwächeren Verbrauchernachfrage. Unternehmen in Branchen, die auf billige Kredite angewiesen sind, wie etwa der gewerbliche Immobiliensektor , sind besonders anfällig für steigende Zinsen, die die Kosten für den Schuldendienst dramatisch erhöht haben.

Dieser Rückgang der Profitabilität hat viele Unternehmen in eine prekäre Lage gebracht. Zwar werden in naher Zukunft niedrigere Zinssätze erwartet, doch dürfte dieser Vorteil nicht ausreichen, um die Insolvenzen von Unternehmen abzuwenden, die bereits am Rande des Abgrunds stehen. Da die Profitabilität weiterhin gefährdet ist, könnten selbst Zinssenkungen die Belastung nicht schnell genug verringern, um die steigende Zahl der Insolvenzen umzukehren.

Der Weg zur Erholung erfordert einen ganzheitlicheren Ansatz

Die erwartete Senkung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank gibt den Unternehmen zwar etwas Hoffnung, doch der Unternehmenssektor muss weiterhin vorsichtig bleiben. Eine einfache Senkung der Kreditkosten dürfte Unternehmen mit tief verwurzelten Schuldenproblemen kaum unmittelbare Erleichterung verschaffen. Der Weg zur Erholung erfordert einen ganzheitlicheren Ansatz, bei dem die Unternehmen ihre Schuldenstrukturen neu bewerten und durch Kostenkontrolle und betriebliche Effizienz eine nachhaltige Rentabilität anstreben.

Anna Zabrodzka-Averianov, Senior Economist bei Intrum
Anna Zabrodzka-Averianov, Senior Economist bei Intrum
Auch wenn Zinssenkungen in Sicht sind, bleibt die Frage, ob sie ausreichen werden, um kurzfristig einen signifikanten Einfluss auf Unternehmensinsolvenzen auszuüben. Unternehmen müssen sich proaktiv an diese neue wirtschaftliche Realität anpassen.
Anna Zabrodzka-Averianov, Senior Economist bei Intrum

Economy in Focus #11
Economy in Focus #11

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Die im Oktober 2024 veröffentlichte 11. Ausgabe von „Wirtschaft im Fokus“ liefert wichtige Erkenntnisse zu den dringendsten Problemen rund um die Verschuldung von Unternehmen und Privathaushalten in der EU. Da wir in einen Zyklus der geldpolitischen Lockerung eintreten, zeigt dieser Bericht auf, wie sich Zinssenkungen unterschiedlich auf Unternehmen und Haushalte auswirken und ob sie ausreichen werden, um dem wachsenden finanziellen Druck entgegenzuwirken.

 

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